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Der Mensch hinter Lussy Sky

28.09.2018 | Autor: Grigo

  • Lussy Sky aka Oleksandr Gatyn-Lozynskyi
  • Tänzer, Sänger und Weltreisender
  • Hat es geschafft vom Tanzen zu leben
  • Seine Geschichte spricht eine deutliche Sprache
Er gehört zu den markantesten B-Boys der internationalen Szene. Sein Tanzstil fasziniert die Zuschauer und der Ausdruck in seinen Augen jagt seinen Gegnern einen Schauer über den Rücken. Als Lussy Sky hat Oleksandr Gatyn-Lozynskyi Bekanntheit und Ansehen erlangt.

Es war 1999, im Urlaub auf der Krim, als Oleksandr das erste Mal in seinem Leben Breaking sah. Bei einem Strandspaziergang mit seiner Mutter beobachtete der damals erst Achtjährige wie ein Teenager im Sand Tricks auf einer Hand trainierte. Der Anblick war für ihn so fesselnd, dass er sich über zwanzig Minuten lang nicht vom Fleck rühren konnte, erinnert sich Oleksandr heute. Drei Jahre später während einer Klassenfahrt nach Polen, begegnete er auf einer Kinderdisco weiteren B-Boys, diese konnten sogar schon Headspin. Oleksandr, von ihren Körperfähigkeiten stark beeindruckt, versuchte einige Kunststücke nachzumachen, doch es war ihm alles viel zu schwer. Der Wendepunkt kam im Jahr 2005: Oleksandr, mittlerweile schon vierzehn und gepackt vom Wunsch Breaking endlich selbst zu lernen, fand eine Tanzschule in seiner Heimatstadt Lviv. Dort blieb er jedoch nicht lange, sondern wechselte bereits nach zwei Monaten auf eine andere Schule. Diese war die Sammelstätte und das Trainingszentrum für alle ortsansässigen Breaker. Anfangs trainierte Oleksandr nur aus Spaß, ohne besondere Ziele, doch je mehr er sich mit dem Breaking und der Hip Hop Kultur beschäftigte, umso tiefer wuchs diese Kunst- und Lebensform in ihn hinein und entflammte das Bestreben eine Stufe höher zu steigen.

So wie seine Fähigkeiten zunahmen, so wechselten zu Anfang auch seine B-Boy Namen. Heute ist Oleksandr weltweit unter dem Künstlernamen Lussy Sky bekannt - ein Pseudonym, das nicht nur schmunzeln lässt, sondern auch Fragen aufwirft. Hinter diesem Alias steckt jedoch tatsächlich eine Geschichte: Seine Eltern und Freunde nennen ihn `Lesik´, im Ukrainischen in dies eine Abkürzung für den Namen Oleksandr. Eines Tages hatte einer der Jungs aus seinem Trainingsteam den Einfall aus `Lesik´ den Namen `Lussy´ zu kreieren. Oleksandr, alles andere als begeistert von dem weiblichen Anklang, widersetzte sich dieser absurden Idee, doch dieser a.k.a. sollte an ihm haften bleiben. Der Song der Beatles `Lucy in the sky´, den er zu der Zeit öfter hörte, machte das Puzzle vollständig und verlieh seinem Namen den wesentlichen Sinn. Dieser Song handelt von der Droge LSD und so kam Oleksandr auf die Idee genau das zu seinem Thema zu machen: Sein Tanzstil sollte auf die Zuschauer von nun an die gleiche Wirkung wie eine Droge ausüben, sie sollten süchtig danach werden und immer mehr sehen wollen - daher `Lussy Sky´.

Seit seinen Anfängen strebt der 27-jährige Ukrainer nach Inspiration, denn nur so, betont er, kann man als Künstler wachsen. Er selbst erhielt im Laufe seiner tänzerischen Entwicklung viele Einflüsse von B-Boy Born von der Rivers Crew, von Casper, Cloud, sowie von Intact von Ruffneck Attack und Beatmaster von Predatorz. Jedoch gibt es auch viele andere Tänzer, sogar aus der jüngeren Generation, die Lussy’s Begeisterung entfachen lassen und von denen er für sich, nach wie vor, Neues entdecken kann. Doch Inspiration ist für ihn nicht alles: Lussy’s oberster Anspruch lag immer darin, er selbst zu bleiben, denn nur auf diese Weise, unterstreicht Lussy, erlangt man als B-Boy die Originalität, von der heutzutage alle sprechen.

Tanzen oder Studieren? Vor dieser wohlbekannten, leidigen Frage stand auch Lussy Sky vor einigen Jahren. Nach dem Schulabschluss wollte er Gesang in Kiew studieren, da dieses Vorhaben jedoch nicht aufging, schrieb er sich 2009 für das Musikstudium in Lviv ein. Trotz eines Stipendiums brach er das Studium nach einem halben Jahr ab. Die Passion fürs Breaken war zu groß um nur nebenbei ausgelebt zu werden und so entschloss er sich genau das zu seinem Beruf zu machen. Dabei gilt es zu betonen, dass Geld für Lussy niemals im Vordergrund stand. Alles, was er immer wollte, war tanzen, sich beweisen und seine Fähigkeiten zeigen.

Der Erfolg sollte für den zielbewussten Tänzer nicht lange ausbleiben und ihn bereits zwei Jahre später zu den Top-Newcomern der Szene befördern. Keiner hatte es vorausgesehen oder daran geglaubt, nicht einmal Lussy selbst, er hatte es sich nur aus tiefstem Inneren gewünscht. Der Sieg beim `7 to smoke´ auf der Yalta Summer Jam 2011 war der Startschuss für seine Karriere. Ab 2012, obwohl seine finanzielle Situation damals nicht gut war, begann er auch regelmäßig nach Europa zu reisen. Breaking, wie er sagt, öffnete ihm die Grenzen. Heute bestreitet Lussy seinen Unterhalt durch Battles, Judging und Masterclasses.

“Ich kann davon gut leben, allerdings würde ich der jüngeren Generation niemals dazu raten die Schule abzubrechen und den gleichen Weg einzuschlagen wie ich”, bemerkt Lussy.

Denn er selbst weiß - um als Tänzer erfolgreich zu werden, reicht nicht aus nur viel zu trainieren, hier fallen auch andere Faktoren ins Gewicht.
In der Ukraine, wie Lussy erzählt, hat man als Breaker im Gegensatz zu Europa weniger Möglichkeiten sich zu entwickeln. In Europa sind die Grenzen offen, man kommt überall hin und wenn man professionell Breaking betreibt, ist es durchaus leichter an einen Sponsor heranzukommen. Doch genau in diesen Grenzen, in denen sich die ukrainischen B-Boys befinden, liegt gleichermaßen ihr großer Vorteil: durch diesen geographischen Rahmen bleibt die Szene hungrig, sie lechzt nach Mehr und nach Neuem. Das ist der Grund, warum die ukrainischen Tänzer so stark sind und mit ihrer Leistung weltweit glänzen.

“Darüber hinaus spielt die Mentalität eine bedeutende Rolle. Unsere Nation liebt es zu gewinnen und so gehen wir entschlossen auf unser Ziel zu”, erzählt Lussy.

Er selbst hat dazu sogar eine eigene Strategie. Sobald er vor einem Battle steht, strebt er an sich in einen Kampf-Zustand hineinzubringen. Mit dieser aufsteigenden Welle an Energie betritt er jeden Cypher. `Kämpfen bis zum Schluss´ lautet hier der Grundsatz, der ihm hilft 100 Prozent Leistung aus sich herauszuholen.

Das tanz- und reise-orientierte Leben greift ebenso familiäre Fragen auf. Lussy, was nur wenige wissen, war fünf Jahre verheiratet, mittlerweile ist er geschieden und lebt derzeit in keiner Beziehung, denn sein Fokus, wie er sagt, liegt in erster Linie auf Breaking. Auch mit seinen Eltern gab es in der Vergangenheit schwierige Situationen. So war es für sie eine große Enttäuschung als Singen, das Lussy seit Kindesalter intensiv ausgeübt hatte, in den Hintergrund gerückt war und Breaking seine oberste Priorität wurde. Anfangs gab es ihrerseits daher wenig Unterstützung für die berufliche Entscheidung ihres Sohnes. Doch jetzt Jahre später, sehen auch sie, dass all die Mühe, all die Hürden, die Lussy auf seinem Weg nehmen musste, sein unerschöpfliches Training und sein fester Glaube an sich und sein Schaffen, heute ihre Wirkung zeigen und dass für Lussy dieser Schritt zweifelsfrei der richtige war.


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